
Juli: Tomaten – So schmeckt der Sommer!
Marktpatin Julia Albrecht über Tomatenglück, Sortenwahl und „Bramstedter Terroir"
„Haltbarkeit und Geschmack schließen einander aus bei Tomaten“ – damit bringt Julia Albrecht auf den Punkt, was die meisten über die Sommerfrucht schon immer gewusst, aber erfolgreich verdrängt haben. Die studierte Landwirtin hat ihre Abschlussarbeit den Tomaten gewidmet und weiß, warum manche glänzen – und doch nichts taugen. Auf dem Bioland Hof Steding in Bramstedt bei Bassum kümmert sie sich um Anbau, Ernte und den direkten Verkauf auf dem Bremer Domshof und dem Delmemarkt.

INFOBOX: Tomaten
• Leuchtende, gleichmäßige Farbe
• Keine Druckstellen oder Risse
• Reifegrade variieren je nach Sorte – auf dem Markt einfach nachfragen!
• Bitte nicht draufdrücken – Tomaten sind druckempfindlich
• Guter Geschmack und lange Haltbarkeit schließen sich aus!
Lagerung:
• Am besten: kühl, dunkel, luftig – aber nicht im Kühlschrank
• Nicht stapeln – Tomaten mögen es in einer Lage nebeneinander
• Reif geerntete Marktware bald verbrauchen
Tipp vom Markt:
• Jetzt ist Einkochzeit! Viele Marktstände bieten reife Tomaten in Großmengen zu Sonderpreisen.
Von der „Angstpflanze“ zum Küchenstar
Ursprünglich stammt die Tomate aus Südamerika, wo sie schon von den Azteken kultiviert wurde – unter dem Namen „xītomatl“, was so viel wie „geschwollene Frucht“ bedeutet. Mit den spanischen Eroberern gelangte sie im 16. Jahrhundert nach Europa – erst als exotische Zierpflanze. Wegen ihrer Verwandtschaft mit dem giftigen Nachtschatten wurde sie lange gemieden. Erst im 18. Jahrhundert kam sie langsam auf den Teller – zuerst in Italien, dann in Frankreich und schließlich auch bei uns. Heute ist die Tomate aus keiner Länderküche mehr wegzudenken. Und das Beste: Im Juli hat sie bei uns Hochsaison.
Tomate ist nicht gleich Tomate – ein Fruchtuniversum
Wer am Tomatenstand steht, blickt oft auf ein buntes, aber auch leicht verwirrendes Sortiment. Denn bei Tomaten treffen Sortennamen und Handelsbezeichnungen munter aufeinander. Tomaten werden in sogenannte Klassen unterteilt. Dabei geht es meist um Größe und Form. Da wären zum Beispiel Cherrytomaten, Cocktailtomaten (etwas größer), Datteltomaten (etwas länglicher), Fleischtomaten mit wenig „Glibber“ und Samen – und innerhalb dieser Klasse etwa die beliebten Ochsenherztomaten. Dann gibt es noch Flaschentomaten – wie Roma oder Eiertomaten – oder winzige Wildtomaten, kaum größer als Johannisbeeren.
Hinzu kommen Begriffe wie Strauch- oder Rispentomate. Diese sagen nichts über Sorte oder Klasse aus, sondern lediglich, wie die Tomaten gewachsen oder geerntet wurden. „Die Tomate als ganze Rispe zu ernten, ist vor allem im Interesse der Erzeuger“, erklärt Julia Albrecht. „Die Tomaten ihrem Reifegrad entsprechend einzeln zu pflücken, ist halt viel aufwändiger.“
Und die Farben? „Das ergibt sich aus einer Kombination aus Haut- und Fruchtfleischfarbe“, erklärt Julia Albrecht. „Die Haut kann weiß oder gelb sein, das Fruchtfleisch, rot, orange oder rot. Rosa Tomaten zum Beispiel haben weißliche Haut und rotes Fruchtfleisch.“ Dunkle, fast schwarze Tomaten? Die verdanken ihr geheimnisvolles Äußeres speziellen Pigmenten in der Haut.
Noch entscheidender als die Farbe ist aber, wo die Tomate wächst: „In der konventionellen Großproduktion stehen die Pflanzen oft mit den Füßen in Nährlösung. Da ist geschmacklich natürlich wenig los“, sagt Albrecht. „Wenn Tomaten im Mutterboden wachsen, nehmen sie die Mineralien aus der Erde auf – und das schmeckt man. Wie beim Wein – da spricht man vom Terroir. Unser Terroir ist der Bramstedter Südhang.“
Marktwissen statt Massenware
Wer beim Tomatenkauf auf dem Wochenmarkt noch unsicher ist, fragt einfach die Marktkaufleute hinterm Stand. „Das Schöne ist ja: Wir lassen Sie probieren. Und wir können genau sagen, welche Sorte für Soße, Salat oder das Pausenbrot am besten geeignet ist“, sagt Julia Albrecht.
Für den Einkauf gilt: Reife Tomaten erkennt man an ihrer satten Farbe. Sind sie frei von Druckstellen? Gut. „Bitte nicht selbst drauf herumdrücken – das bringt niemanden weiter“, mahnt Albrecht. Und: Tomaten vom Markt sind oft reif geerntet und sollten bald verarbeitet werden. Manche Sorten können aber auch ein paar Tage bei Zimmertemperatur nachreifen – „aber bitte nicht in den Kühlschrank“, sagt Albrecht. „Es sei denn, der hat ein besonderes Fach mit maximal 10 Grad.“
Welche Tomate für welches Gericht?
Für eine samtige Soße empfiehlt Julia Albrecht: „Ein paar gute Fleischtomaten, dazu Cherrytomaten für das fruchtige Aroma und eine Aubergine für die Sämigkeit. Alles würzen und ab in den Ofen – fertig ist eine traumhafte Tomatensoße!“ Wer jetzt im Sommer größere Mengen einkochen möchte, kann beim Hof Steding sogar Großgebinde zum Sonderpreis beziehen. Im Salat darf’s bunt werden: gelbe, rote, grüne und violette Sorten gemischt – dazu etwas Basilikum, Olivenöl und Meersalz. Fertig ist der Geschmack von Süden und Sonne.
Alte Sorten – charmant, aber herausfordernd
Ja, es gibt sie noch, die alten Tomatensorten mit den schönen Namen – „Grüne Zebra“, „Berner Rose“ oder „Goldene Königin“. Sie sehen fantastisch aus und schmecken oft besonders aromatisch. Aber sie sind auch empfindlich und krankheitsanfällig. Und: Laut EU-Recht dürfen viele dieser Sorten offiziell nur als Zierpflanzen angebaut werden – eine Grauzone für viele Hobbygärtnerinnen und -gärtner.
Julia Albrecht plädiert für Differenzierung: „Nicht jede alte Sorte ist automatisch besser. Und nicht jede neue Sorte schlecht. Es gibt auch moderne Sorten mit tollem Aroma – aber die müssen eben auch mit Wetter, Transport und Nachfrage klarkommen.“
Fazit: Frisch, lokal, aromatisch – Tomaten vom Markt
Wer Tomaten haben möchte, die richtig aromatisch schmecken, geht jetzt auf den Wochenmarkt. Kurze Wege, gezielte Ernte und Beratung vom Erzeuger – das macht den Unterschied. Und wie Julia Albrecht sagt: „In dem Moment, wo man eine Tomate erntet, fängt sie an zu verderben.“ Also besser gleich frisch genießen – mit Sonne im Gesicht und Sommer auf der Zunge.
Bild 2: Marktpatin Julia Albrecht © Bioland Hof Steding
BU: Julia Albrecht und ihr Kollege Jonas Jonsen vom Bioland Hof Steding betreuen ihre Waren in jeder Hinsicht „ganzheitlich“: vom ersten zarten Samenkorn bis zum Verkauf auf dem Wochenmarkt.
Bild 3: Fleischtomate „Viva Grande“ © Bioland Hof Steding
BU: So sehen glückliche Fleischtomaten vom Bioland Hof Steding aus. Die Sorte „Viva Grande“ ist ein Garant für festes, aromatisches Fruchtfleisch und wenig Kerne.
Bild 4: optimale Lagerung © Bioland Hof Steding
BU: Die Tomaten auf dem Bioland Hof Steding kommen ohne chemische Pflanzenschutzmittel aus und werden ausschließlich organisch gedüngt. Hier sieht man auch, wie sie im Idealfall gelagert werden: hübsch nebeneinander.
Bild 5: Tomatenpracht © M3B GmbH / Frank Thomas Koch
BU: Man möchte ein Poster drucken von diesem Bild. Tomaten sind nicht nur köstlich, sondern auch schön.